Von Dynamik und sinnbefreiter Kompression

Letztens erst hatte ich mich mit meinem Schlagzeuglehrer über die Dynamik in der Musik meiner Band unterhalten und kamen dabei auch auf die mangelnde Dynamik und Totkomprimierung in heutiger Musik zu sprechen.

Vielleicht aber erst etwas zu den beiden Begriffen, da vor allem Dynamik oft falsch verstanden wird. In der Musik geht es bei Dynamik nicht darum ob ein Stück zwischen schnelleren und langsameren Passagen wechselt, sondern über die Lautstärkenunterschiede innerhalb eines Stückes oder einzelner Instrumente. Werden z.B. ruhige Passagen auch tatsächlich leiser gespielt oder wird durchgängig durchgeprügelt?

Mir als Schlagzeuger fällt es mit der Dynamik manchmal auch schwer, da ich mir immer unsicher bin wieviel von den Ghostnotes oder leisen Anschlägen überhaupt noch vor dem Schlagzeug wahrgenommen werden können oder ob sie völlig in der Brandung von Gitarrenriffs und Bassläufen untergehen. Vorallem da ich selbst manche Schläge mehr spüre als höre. Prügel ich allerdings alle Noten gleichstark durch erzeugt es auch ein völlig anderes Spielgefühl wodurch sich das Stück - zumindest für mich - zu etwas völlig anderem entwickelt.

Oder bei uns in der Probe haben wir oft das Problem, das unser Sänger zu leise ist und er im Getose der anderen Instrumente untergeht. Witzigerweise versucht auch er manchmal dagegen anzukämpfen, was zu einem wenig stimmschonenden und auch nicht sonderlich angenehm zu hörendem 'Geschrei' ausartet dem sämtliche Nuancen verloren gehen, schade eigentlich.

Aber hey, wir fliegen zum Mond (bzw. planen sogar mittlerweile 6 Monatige forschungsreisen auf unseren Trabanten) da wird man doch auch eine Lösung für unser Problem finden. Tatsächlich bin auch ich eine zeitlang dem Gedanken erlegen und ich muß gestehen, nur die leere meines Geldbeutels hielt mich davon ab den Weg konsequent zu beschreiten. Die Lösung der Techniker lautet Kompression. Jeder der einen Equalizer an seiner Stereoanlage besitzt kann die Auswirkungen dieser Technik nicht nur hören, sondern auch sehen. Es sollte aber schon mindestens ein 7-Band Equalizer sein, sonst ist der Effekt nicht sonderlich beeindruckend.

Als Probe für dieses Experiment empfehle ich einfach mal Clutching at Straws von Marillion, welche mittlerweile sowieso ständig bei mir läuft. Dort kann man schön mitverfolgen wie auf allen Bändern des Equalizers fröhlich getanzt wird. Die Frequenzen und damit auch die verschiedenen Instrumente sind unterschiedlich stark vertreten, und das ist auch gut so ;-)

Höre ich mir dagegen z.B. Invisible von Nightingale an (die ich trotzdem verflucht gerne anhöre) sieht man auf allen Bändern den gleichen (Voll-)Ausschlag und zwar dauernd und die Einstellungen meines Equalizers haben darauf auch nicht wirklich einen Einfluß.

Was also tut die Kompression? Einfach gesprochen hebt der Kompressor schwächere Signale an oder senkt stärkere Signale ab, abhängig von der Technik des Kompressors. Lässt man jetzt alle Signale in den Kompressor laufen kommt raus, was man bei Nightingale eben auch sehen kann, ein Lautstärken-Einheitsbrei der auch kaum noch Luft für Dynamik zwischen den einzelnen Instrumenten lässt.

Ich will ja den Kompressoren die Existenzberechtigung nicht absprechen, aber liebe Musiker, Tontechniker und Produzenten, bitte, bitte, gebt uns die Dynamik wieder ;-)

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